eine der hauptaufgaben der kunst ist es, erkenntnis zu gewinnen und diese form des kunstwerkes der welt zugänglich zu machen. auch wenn die welt meist ignorant ist; mit einer verzögerung akzeptiert sie diese form der erkenntnis, ja sie macht sich diese dann – für den künstler oft zu spät – wie selbstverständlich zu eigen.

kunst schaffe hat mit erschaffen zu tun. der künstler ist schöpfer. er lässt im wortsinne neue welten entstehen. welten, die es vorher nicht gegeben hat, die aber mit dem zeitpunkt ihrer erschaffung unsere bewusstheit, unsere erkenntnis, unsere welt erweitern. aktuelle kunst ist oft auch eine neue sprache mit deren hilfe existenzielle fragen neu, das heißt zeitgerecht beantwortet werden. setzt sich diese neue sprache durch, gehört sie zum repertoire der künstlerischen ausdrucksformen.

 

freilich geht es nicht nur um die sprache, es geht auch um intensität. kunst hat ja nichts mit oberfläche zu tun. es geht um substanz, verdichtung, geistiges eindringen, um eigenschaften, die mehr erspürt als benannt werden können; um wahrhaftigkeit jedenfalls, dieses richtig muss es sein, eigenschaften, die sich nicht messen und wägen lassen.

 

es geht um intensität, um neue, individuelle ausdrucksmittel und um ein vertikales eindringen; um neue zeichen und um tiefe der empfindung. alles, was da packt und fasziniert, was nachdenklich oder auch angst macht, was uns bedroht, was uns jedenfalls neugierig hinsschauen lässt, verführt uns in die richtige richtung. wir werden verleitet, uns in neuen welten umzusehen. vorsichtig manchmal, auch befremdet – neues ist immer befremdlich – auf jeden fall aber immer mit der chance auf belohnung. belohnung für die fragen: was passiert hier? was will die kunst? was macht sie mit mir?

 

die bereitschaft neugierig zu sein, neugierig auf fremdes, ungekanntes, diese bereitschaft ist die vielleicht wesentlichste.

wir sollten sie nützen.

 

herbert giese